Fallbeschreibung:
K gründete die A-GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 €, aufgeteilt in 25.000 Geschäftsanteile je 1 €. Eine spätere Kapitalerhöhung um 1.000 € fand statt. K übernahm den zusätzlichen Anteil und zahlte zusätzlich 500.000 € als Aufgeld in die Kapitalrücklage der GmbH. Danach verkaufte K 300 Anteile sowie den neuen Anteil für insgesamt 26.300 € an ihren Mann, der nun 5% der Anteile hielt.
Es gab Meinungsverschiedenheiten mit dem Finanzamt darüber, ob K einen Verlust aus diesem Verkauf erzielte. Sowohl das Finanzgericht als auch der BFH stimmten K zu.
Urteilsdetails:
Der Veräußerungsgewinn ist unumstritten. Die Frage war, ob K tatsächlich eine Gewinnerzielungsabsicht hatte. Normalerweise wird angenommen, dass diese Absicht besteht, auch bei kurzem Halten der Anteile.
Fehlende Gewinnerzielungsabsicht zeigt sich, wenn keine positiven Einkünfte erwartet werden oder persönliche Gründe für den Erwerb vorlagen. Steuerliche Vorteile durch Verkaufsverluste bedeuten nicht automatisch fehlende Gewinnerzielungsabsicht, sondern könnten einen Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 AO anzeigen.
Die Gewinnerzielungsabsicht bezieht sich auf die gesamte Beteiligung an der Gesellschaft. Der BFH meint, dass eine Betrachtung jedes einzelnen verkauften Anteils nicht zulässig ist.
Im diskutierten Fall waren von den 26.300 € Verkaufserlös Anschaffungskosten von 501.300 € abzuziehen. Ein über den Verkehrswert hinausgehender Betrag ist keine verdeckte Einlage.
Das zusätzlich von K gezahlte Aufgeld musste nicht auf alle ihre Anteile verteilt werden. § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG, der dies vorsieht, gilt erst für spätere Veräußerungen (nach dem 31.07.2019).
Der BFH sah die Zahlung des Aufgelds und den späteren Verkauf an den Ehemann nicht als rechtlichen Gestaltungsmissbrauch an. Grundsätzlich steht es einem Steuerzahler frei, wann und an wen er Anteile verkauft.
Hinweis für die Praxis:
Der BFH hat klargestellt, dass die Gewinnerzielungsabsicht sich auf die gesamte Beteiligung bezieht. Eine Betrachtung jedes einzelnen verkauften Anteils ist nicht zulässig. Das für einen Anteil gezahlte Aufgeld erhöht seine Anschaffungskosten, auch wenn diese den Verkehrswert übersteigen. Dies gilt zumindest bis zum 31.07.2019. Ein bewusster Verlust durch den Verkauf eines GmbH-Anteils mit übersteigenden Anschaffungskosten ist nicht zwangsläufig rechtsmissbräuchlich gemäß § 42 AO.
BFH-Urteil vom 03.05.2023 – IX R 12/22.